Jeder Skipper sollte in der Lage sein, mit einem Sextanten navigieren zu können. Das wird aber nur möglich sein, wenn ihm dafür geeignete Mittel zur Verfügung stehen. Das auf den französischen Fregattenkapitän Marcq Saint Hilaire zurückgehende Höhendifferenzverfahren, und ebenso die Navigation mit den HO 249 Tafeln sind in diesem Sinne keine geeigneten Mittel.

Diese Verfahren sind nur dafür geeignet, traditionsgemäß mit Sonne, Mond, Planeten und Sternen auf Papier zu navigieren, was durchaus ein romantisches Hobby sein kann und alte Seefahrertraditionen am Leben erhält. Für den allgemeinen Gebrauch, besonders im Hinblick auf eine Notfallnavigation, sind in unserer Zeit nur Computer Apps geeignet, die jeder ohne Voraussetzungen sofort anwenden kann. Als Navigationsgestirn ist dann auch nur die Sonne brauchbar. Trotz dieser Reduzierung auf die Sonne wird der Spaß für alle, mal mit einem Sextanten zu navigieren, nicht verschwinden, sondern eher zunehmen, weil keinerlei Lernstress mehr vorhanden ist.

In den letzten Jahrzehnten wurden immer wieder Computerprogramme oder Apps für Mobilgeräte entwickelt, die das Verfahren von Saint Hilaire zur Grundlage haben. Mit diesem Verfahren hat die weltweite Seefahrt mehr als 100 Jahre lang erfolgreich navigiert und so hat sich dieses Verfahren in der gesellschaftlichen Meinung als einzig kompetent verankert. Doch Fakt ist, es handelt sich dabei nur um einen Notbehelf aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Man hatte damals keine Wahl und musste sich für die grafische Navigation entscheiden, weil es keine Rechenmaschinen gab. Die richtigen Navigationsprogramme sind älter und stammen aus den Jahren 1780 bis 1810.

Wer das Hilaire Verfahren digitalisiert, weiß offenbar nicht, dass Saint Hilaire das Standlinienverfahren von Thomas Sumner für eine optimale zeichnerische Verwendung und nicht für eine optimale digitale Verwendung modifiziert hat. Wird das programmiert, dann entsteht nur eine Kopie aller Arbeitsschritte eines Navigators aus früherer Zeit. Das originale Sumner Verfahren, von dem Hilaire ausgegangen ist, kann aber auch für digitale Anwendungen optimiert werden und dann entfallen alle seine Restriktionen und sogar die Standortschätzung.

Doch auch das wäre Unfug. Man muss doch nicht den gekrümmten Verlauf der Höhengleichen im Standortbereich, der zu diesem Zweck erstmal geschätzt werden muss, durch Geraden ersetzen, um dann in einem zweiten Schritt den Standort als Schnittpunkt zwischen diesen mühselig gefundenen Geraden berechnen zu können. Nach diesem ganzen Aufwand ist das Ergebnis auch nur ein genäherter Standort und gemessene Höhen über 70 Grad können zu Fehlern führen. Zwar wären diese Fehler in der Praxis das geringere Problem, doch auf das Gissen eines Standortes könnte man gern verzichten und warum sollte man mit einem Computerprogramm alle internen Fehler eines grafischen Verfahrens nachahmen. Die Gauß Methode oder die Berechnung des Standorts über die Poldreiecke sind direkte Verfahren und deshalb die einzig vernünftigen Grundlagen für eine Computer-App.